Fake Reviews: Welchen Einfluss haben sie wirklich?

Fake Reviews

Mit dem Siegeszug des Online-Shoppings nimmt auch das Detailreichtum der Webshops und damit die Anzahl der Faktoren, die in eine Kaufentscheidung einfließen, kontinuierlich zu. Im Kern dieser Faktorenlandschaft steht die Review oder Bewertung. Für Amazon-Kunden gehört das Scannen der Reviews mittlerweile zur Grundausstattung, um zwischen verschiedenen Produkten zu navigieren. Doch was, wenn Sie ein neues Produkt auf den Markt bringen und noch keinerlei positive Bewertungen existieren? Genau wie die Online-Review ihren Siegeszug angetreten hat, beeinflusst auch die Fake Review zahlreiche Kaufentscheidungen. Damit ist sie zu einem wichtigen Instrument des produkt- und dienstleistungsbezogenen Online-Marketing geworden – ohne, dass ihre Effekte tiefgehend erforscht wurden. Eine neue Studie bringt nun Licht ins Dunkel und bestätigt die Effektivität von Fake Reviews. Gleichzeitig wirft die Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb neue Fragen auf.


Es geht nicht nur um Text: Was sind Fake Reviews?

Fake Reviews können in unterschiedlicher Form daherkommen, eines haben sie aber alle gemeinsam: es geht ihnen darum, die Marketing-Performance eines Produkts oder einer Dienstleistung zu beeinflussen. In der Regel soll dieser Einfluss positiv sein. Wenn die Produkte eines Konkurrenten via negativer Reviews ‚schlecht gemacht‘ werden, geht es hingegen schnell über die rechtliche Grauzone hinaus in den Bereich des unlauteren Wettbewerbs.

In einer aktuellen Studie wird positives Eigenmarketing in Form von Fake Reviews genauer unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler unterscheiden zwischen drei Arten von gefälschten Bewertungen:

  1. Fake Bewertungsskala in Form von Sternen
  2. Fake Review in Textform
  3. Hervorhebung des Produkts durch die Händler-Website

1. Fake Bewertungsskala in Form von Sternen

In den meisten Onlineshops hat sich die vereinfachte Darstellung der Bewertungsbilanz durch ein Sterne- oder Punktesystem durchgesetzt. Den potenziellen Kunden gibt diese Darstellung schnell und einfach einen Überblick über die Kundenzufriedenheit. Die farbliche Hervorhebung zieht dabei das Auge an und ist leicht verständlich.

2. Fake Review in Textform

Wohl kaum eine Art der Fake Bewertungen ist so ambivalent wie die klassische Bewertung in Textform. Zum einen ist die Qualität sehr unterschiedlich zu bewerten, was in Extremfällen sogar zu einer Verringerung des Kaufinteresses führen kann. Bei angemessener Qualität – und damit Authentizität – der Bewertungen kann eine Fake Review in Textform das Kaufinteresse aber deutlich steigern.

3. Hervorhebung des Produkts durch die Händler-Website

Im Bereich des Online-Shopping – z.B. bei Amazon – werden schon seit längerer Zeit in Form von „Amazon’s Choice“-Bannern bestimmte Artikel hervorgehoben. So soll beliebten Produkten noch mehr Aufwind verschafft werden.


Forschungsergebnisse: Welchen Einfluss haben Fake Reviews?

Aber welchen realen Einfluss können Fake Reviews und gefälschte Bewertungsskalen tatsächlich entwickeln? Eine Studie, die im Juli 2022 veröffentlicht wurde, gibt Aufschluss über die Effekte verschiedener Arten von Fake Reviews.

10.000 repräsentativ ausgewählten Personen aus Großbritannien wurden im Laufe dieser Studie verschiedene Online-Shopping-Szenarien vorgelegt, bei welchen sie eine Kaufentscheidung einschließlich der Entscheidung, nicht zu kaufen, treffen mussten. Die 10.000 Teilnehmer wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt: die einen sahen keine Fake Reviews, andere bekamen Fake Reviews in Textform, eine erhöhte Anzahl an Sternen im Bewertungssystem oder beides angezeigt. Wieder anderen wurde mit Hilfe eines Banners im Stil von „Amazon’s Choice“ ein bestimmtes Produkt mit niedrigem Preis hervorgehoben.

Insgesamt wurde herausgefunden, dass Fake Reviews dabei helfen können, ein Produkt erfolgreich zu vermarkten. Fake Reviews in Textform sind dabei die wirksamste Methode, die aber bei schlechter Qualität des Textes auch nach hinten losgehen kann. Die Debatte um Fake Bewertungen bei Amazon und Co. weitet sich immer weiter aus und damit steigt auch das Bewusstsein der Kunden dafür, dass nicht jede Review authentisch sein muss. Für uns bedeutet das, dass die Qualität von Fake Rezensionen an hohen qualitativen Standards gemessen wird, um weiterhin ihre Effektivität zu behalten.

Weniger stark ist der Effekt von angepassten Bewertungsskalen z.B. in Form von Sternen oder der Hervorhebung eines Produkts durch die Händler-Website. Gleichzeitig sind diese Formen des Online-Marketing, die mit der klassischen Fake Review eng verwandt sind, weniger bekannt unter potenziellen Konsumenten als die Fake Review in Textform. Damit könnten diese Werkzeuge des Online-Marketing innerhalb der nächsten Jahre eine weitaus größere Rolle spielen als sie das bislang tun.


Online-Marketing in Review-Form: Sind gefälschte Bewertungen legal?

Mit der Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die rechtliche Situation zur Zeit noch in Teilen unklar. In der Regel waren Fake Reviews bislang ein legales Mittel des Online-Marketing. Zwar gab es Ausnahmen wie z.B. schlechte Bewertungen bei Konkurrenzunternehmen oder Reviews, die den Straftatbestand der Beleidigung (§185 StGB) erfüllen. Diese hatten aber weniger mit dem Online-Marketing-Mittel der Fake Review und viel mehr mit Fake Rezensionen, die die eigene Leistung nicht verfälschen und so Kunden zur Bestellung anregen, waren aber nicht illegal. Wie das überarbeitete Gesetz vor Gericht ausgelegt wird, bleibt abzuwarten.

Gerade schlechte Bewertungen bei Konkurrenzunternehmen haben schon zahlreiche Gerichtsurteile hervorgebracht. Sowohl Fake Google Reviews, als auch Fake Bewertungen bei Amazon werden mittlerweile von Tools wie Fakespot gesucht. Für große Firmen ist das mitunter eine Form von Reputation Management – das Bekanntwerden der großen Massen an Fake Reviews für qualitativ niedrigwertige Artikel stellt für große Onlineshops ein Risiko dar.

Das neu gefasste UWG verbietet nun

  1. “die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung” und
  2. “die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen”.

Auf welche konkreten Weisen sich das nun auf unsere Online-Marketing Instrumente auswirken wird, ist noch nicht sicher. Das liegt nicht zuletzt daran, dass keine Bewertungsplattform wie die andere und keine Fake Review wie die nächste ist. Hier rechtssicher zwischen Einzelfällen zu navigieren, wird den zuständigen Gerichten möglicherweise viel Arbeit bedeuten.